2020
Das Jahr 2020 war für den Jewish Welcome Service ein höchst herausforderndes: Wegen Covid-19 konnte der JWS seine Besuchsprogramme nicht in gewohnter Weise durchführen. Krisenmanagement und das Ausarbeiten von alternativen Programmen (u.a. eine Zusammenstellung von Online-Führungen in Wien) standen stattdessen im Mittelpunkt.
Schon im Herbst 2019 waren Ruth Rotkowitz und Ralph Dressler auf Einladung des JWS in Wien zu Besuch. Rotkowitz‘, deren Eltern im Teenageralter vor den Nazis aus Wien entkamen, beschäftigt sich in ihrem Buch „Escaping the Whale“ mit der „Zweiten Generation“. Das Buch erschien im April. Dressler rekonstruierte bei Archivrecherchen in Wien Teile seiner Familiengeschichte. Er wollte im Mai 2020 in Wien Gedenk-„Steine der Erinnerung“ für seine Familie setzen. Dieser Besuch musste Corona bedingt abgesagt werden.
Im Juni wandten sich der Präsident des Jewish Welcome Service, Wiens Bürgermeister Dr. Michael Ludwig, und die Vizepräsidentin, Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler, in einem Brief an die Gäste des JWS. Darin drückten sie ihr Bedauern über den Aufschub geplanter Wien-Besuche aus.
Ende August erweiterte der JWS mit der Eröffnung seines YouTube-Channels sein Social Media-Portfolio. Eingerichtet wurde der Channel, um verschiedenste Veranstaltungen entsprechend zu dokumentieren, wichtige Informationen zu teilen und Grußbotschaften zu senden.
Mit September trat eine Novelle zum Staatsbürgerschaftsgesetz in Kraft, die es NS-Opfern und deren Nachkommen ermöglicht, die österreichische Staatsbürgerschaft „durch Anzeige“ statt durch einen Antrag zu erwerben. Der JWS informiert dazu.
Mitte September wurde die Journalistin Olga Kronsteiner im Wiener Rathaus mit dem Leon-Zelman-Preis ausgezeichnet. Kronsteiner setzt sich „seit vielen Jahren in ihren Texten zu Kunst und Kultur umfassend mit der Entrechtung, Beraubung, Vertreibung und Verfolgung Wiener Jüdinnen und Juden auseinander“ (so die Jury).
Mit den „Rundgängen zu Orten jüdischen Lebens in Wien“ etablierte der JWS ein neues Format seiner Erinnerungs-Arbeit. Beim ersten dieser Spaziergänge führte die Wissenschaftlerin und Autorin Gabriele Anderl Mitte Oktober zu den Orten jüdischen Lebens in Margareten (Wien V.). Mit dabei war auch der Zeitzeuge Heinz Ehlers, der Anderls Ausführungen ergänzte.
Im Dezember jährte sich die Gründung des Jewish Welcome Service zum 40. Mal. Aus diesem Anlass wird für 2021 eine Fülle von Aktivitäten vorbereitet – unter anderem auch eine Filmdokumentation.
2021
Das Jahr 2021 war geprägt war von Projekten, die das 40-jährige Bestehen des Jewish Welcome Service Vienna (gegründet am 17. Dezember 1980) thematisierten oder zum Anlass nahmen.
So strahlten im November W24 und ORF III insgesamt sechs Mal die deutsche Version der 45-Minuten-Dokumentation „ERINNERN – BEGEGNEN – VERSTEHEN“ aus. Diese zeigte die 40-jährige Geschichte des JWS und die Bedeutung der von Leon Zelman und der Stadt Wien gegründeten Institution. Über 75.000 Zuseher:innen verfolgten die Doku mit.
Zeitgleich erschien die 80 Seiten umfassende, opulent bebilderte Gratis-Broschüre „40 Jahre Jewish Welcome Service Vienna“ (Deutsch und Englisch). Kern der umfangreichen Darstellung bilden 40 Lebensgeschichten von Holocaust-Überleben-den und deren Nachkommen.
Enorm war das Interesse an den „Vienna Trips„, zu denen der JWS – mit Unterstützung des WienTourismus – anlässlich seines 40-jährigen Bestehens 2021 und 2022 speziell junge Nachkommen von Shoah-Überlebenden nach Wien einlud.
Mitte September überreichte Wiens Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler im Wiener Rathaus den Leon Zelman-Preis aus Anlass von 40 Jahre JWS gleich zweifach: an das Dialogprojekt für Jugendliche „Likrat“ sowie an den „Republikanischen Club“.
Auch zwei Forschungsstipendien wurden vom JWS anlässlich des Jubiläums vergeben: eines (1.000,- €) ging an die israelische Kunsthistorikerin Noa Avron, PhD-Kandidatin der Ben Gurion-Universität; ein zweites (3.000,- €) an Mirah Langer aus Südafrika, eine PhD-Kandidatin an der Universität Wien.
Trotz Corona-Pandemie wurde das Einladungsprogramm auch 2021 durchgeführt, wenn auch eingeschränkt. Vor allem zu speziellen Anlässen wie etwa rund um die Kindertransport-Ausstellung im Museum Judenplatz oder anlässlich der Setzung von Steinen der Erinnerung in der Zirkusgasse.
2022
2022 erlaubte die sich abschwächende Corona-Pandemie einen Restart des Besuchsprogramms. So besuchten im Mai eine Gruppe von 30 und im November über 40 Jüdinnen und Juden – großteils Angehörige der „Zweiten Generation“ – auf Einladung des JWS Wien. Und Ende Juni / Anfang Juli war eine Gruppe der Association of Jewish Refugees (AJR) aus London in Wien Gast des JWS.
Ein weiteres Highlight war die Verleihung des Leon Zelman-Preises an die Historikerin Michaela Raggam-Blesch.
An Leon Zelman s.A., dessen Todestag sich am 11. Juli zum 15. Mal jährte, wurde in vielfacher Weise gedacht. U.a. mit einem Videoclip in den sozialen Medien sowie mit einer CD von Komponist und Kontrabassist Roman Britschgi und seinem Ensemble.
Das Interesse der 2021 gestarteten „Vienna Trips“ war auch 2022 ungebrochen: Von Oktober 2021 bis August 2022 folgten insgesamt an die 40 junge Jüdinnen und Juden der Einladung nach Wien.
Seit März 2022 ist die 2021 publizierte Film-Doku „ERINNERN – BEGEGNEN – VERSTEHEN“ auch auf Englisch verfügbar. Und Ende August rezensierte die Wiener Tageszeitung „Der Standard“ die Festschrift „40 Jahre Jewish Welcome Service„.
Ende März erlebte der Dokumentarfilm Truus‘ Children von Pamela Sturhoofd & Jessica van Tijn im Wiener Votivkino seine Österreich-Premiere. Das JWS lud die beiden Regisseurinnen zur Premiere nach Wien ein. Im September 2022 besuchte der israelische Wirtschaftshistoriker Prof. Jacob „Kobi“ Metzer – Neffe von Aron Menczer – mit Unterstützung des JWS den Aron Menczer-Bildungscampus auf den Wiener Aspanggründen. Und im November war Maria Gabrielsen auf Einladung von ESRA Psychosoziales Gesundheitszentrum und JWS in Wien, um im Jüdischen Museum über ihr Leben und ihr Buch „Angezeigt von Mama – Die Geschichte einer Denunziation“ zu berichten.