Im Bezirksmuseum Wien Josefstadt ist derzeit eine Ausstellung über die Schriftstellerin und Übersetzerin Lore Segal zu sehen. Segal konnte 1938 mit dem ersten Kindertransport aus Wien vor den Nazis flüchten. Zur Eröffnung der Ausstellung lud der Jewish Welcome Service Segals Tochter und Enkelin aus New York nach Wien ein.
Lore Segal wurde 1928 in Wien als Tochter von Ignatz (Igo) und Franziska (Franzi) Groszmann, eines Chefbuchhalters und einer angehenden Musikerin, geboren. Sie wuchs in der „Josefstadt“, dem 8. Wiener Bezirk, auf und musste miterleben, wie die Nazis 1938 die Wohnung ihrer Familie „arisierten“. Lore konnte am 10. Dezember jenes Jahres mit dem ersten Kindertransport nach England entkommen, ihren Eltern gelang es später nachzukommen. Die Mehrzahl von Lores Verwandten und deren Angehörige fielen jedoch dem NS-Terror zum Opfer.
Lore lernte sehr schnell Englisch, studierte in England später englische Literatur und begann, ihre Emigration literarisch zu verarbeiten. 1964 sollte zu dem Thema ihr bekanntester Roman „Other People`s Houses“, entstehen. 1950 wanderte Lore schließlich nach New York aus.
Weinte sich durch Wien
In den USA startete sie in den 1960er-Jahren ihre literarische Karriere. Bis heute arbeitet sie täglich von 8 bis 13 Uhr in ihrer Wohnung am Riverside Drive in Manhattan. Erst 1968, im Alter von 40 Jahren, konnte sie sich dazu aufraffen, ihre Heimatstadt erstmals wieder zu besuchen. In Wien angekommen, kam der ganze aufgestaute und verdrängte Schmerz der Vergangenheit mit voller Wucht hoch. Lore Segal „weinte sich durch ganz Wien“. Bis heute hat sie ein ambivalentes Verhältnis zu ihrer Heimatstadt, das sich auch in der Ausstellung widerspiegelt. Lore war übrigens zum letzten Mal 2018 in Wien, im Rahmen der Verleihung des Theodor Kramer Preises für Schreiben im Widerstand und im Exil.
„Sie gab uns völlig freie Hand in der Gestaltung und ließ uns Fotos, Zeichnungen und Erinnerungsgegenstände zukommen“, erzählt Karin Hanta, die die Ausstellung kuratierte. Monatelang hat sie dazu in Segals Privatarchiv sowie in der New York Public Library recherchiert, wo Segals Vorlass verwahrt ist. Aus dem umfangreichen Recherchematerial entstand – begleitend zur Ausstellung – eine zweisprachige Broschüre über Segals Leben und Schaffen. Dass diese Ausstellung im Bezirksmuseum Josefstadt realisiert werden konnte, ist dem Engagement von Museumsdirektorin Maria Ettl zu verdanken.
Quelle: Wien Museum
Mehr Infos zu Lore Segal und zur Ausstellung:
- https://magazin.wienmuseum.at/die-schriftstellerin-lore-segal
- https://www.bezirksmuseum.at/de/museum/josefstadt/
Die Ausstellung „Ich wollte Wien liebhaben, habe mich aber nicht getraut“ ist bis 26. Jänner 2025 im Bezirksmuseum Josefstadt, 8., Schmidgasse 18 zu sehen (So 10-12, Mi 18-20 und nach Vereinbarung)