Ein Wiener, der nie in Wien gelebt hat

Im März besuchte eine Gruppe von 30 Jüdinnen und Juden – großteils Angehörige der „Zweiten Generation“ – auf Einladung des Jewish Welcome Service Wien. Mit dabei war Carlos Burger, Autor eines Buches über die Vetreibungsgeschichte seiner jüdischen Wiener Familie. Burger überreichte sein Buch an Bundespräsident Van der Bellen sowie Barbara Staudinger vom Jüdischen Museum.

Gruppenfoto der BesucherInnen 2024 im Rathaus — Die Gruppe im Wiener Rathaus © PID/Schaub-Walzer

Die Gäste, die sich in Wien im Rahmen des JWS-Besuchsprogramms auf die Spurensuche nach ihren Familien begaben, kamen aus Australien, USA, England und Israel. Einer von ihnen, Carlos Burger, hatte diese seine Familiengeschichte bereits in Buchform mit dabei: „Resilience. A Story of Survival“ erzählt von der Flucht seiner weitverzweigten Familie vor den Nazis von Wien über Bolivien, Argentinien, in die USA und nach Israel.

Burger hat die Geschichte seiner Familie bis ins 18. Jahrhundert zurückverfolgt – bis zu einem Urururgroßvater, der als Rabbiner nahe bei Wien lebte. Burgers Vater besaß ein Hemdengeschäft in Wien Leopoldstadt, sein Großvater ein Transportunternehmen in Wien Kagran, ein Onkel einen Pelzhandel im siebenten Wiener Bezirk.

Noch ein weiteres Kapitel hinzufügen …

Im Februar 1939 gelang 21 Mitgliedern der Familie von Burgers Mutter und acht Mitgliedern der Familie seines Vaters die Flucht vor den Nazis auf einem Schiff nach Übersee. Auf diesem Schiff lernten sich Carlos‘ Eltern kennen. Carlos Chaim Burger wurde 1943 in Argentinien geboren – als Wiener, der nie in Wien gelebt hat, und der später als Therapeut und Sozialarbeiter in den USA und Israel arbeitete.

Bei einem Empfang für die Gruppe überreichte er sein Werk an Bundespräsident Alexander Van der Bellen, und bei einem Besuch der Gruppe im Jüdischen Museum Wien übergab er ein Exemplar an Direktorin Barbara Staudinger. Weitere Programmpunkte waren ein Empfang im Rathaus durch Landtagsabgeordneten und Gemeinderat Peter Florianschütz, eine Stadtrundfahrt sowie Besuche an der Shoah-Gedenkstätte im Ostarrichipark und im Wien Museum.

„Ich werde“, sagte Carlos Burger zum Abschied, „meinem Buch noch ein weiteres Kapitel hinzufügen, das von meinen Erlebnissen in Österreich handelt.“

Quelle: u.a. Artikel in „News“ (Printausgabe Nr. 13/2024)