Mitte Oktober besuchten 20 Jüdinnen und Juden – großteils Angehörige der „Zweiten Generation“ – auf Einladung des Jewish Welcome Service Wien. Aufgrund des Terrorangriffs der Hamas auf Israel am 7. Oktober konnten Gäste aus Israel nicht anreisen, und für die Gäste aus den USA, Australien und England galten erhöhte Sicherheitsvorkehrungen.
Erstmals wurde eine Gruppe bei ihrem Wien-Besuch von Sicherheitskräften begleitet, die Spannung war die ganze Zeit über greifbar. Ungeachtet dessen absolvierte man das gewohnt umfangreiche und vielfältige Aufenthaltsprogramm. So wurde die Gruppe nicht nur von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, sondern auch von Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler im Wiener Rathaus sowie von Bundesministerin Karoline Edtstadler im Bundeskanzleramt empfangen.
Auf Spurensuche
Unter den Gästen befand sich u.a. Mort Soroka, dessen Mutter nach den Novemberpogromen 1938 in die USA floh. „Meine Mutter“, erzählte er, „war erst elf Jahre alt, als sie alleine flüchten musste.“ Auch für Joanna Bryk (75) aus London war der Wien-Besuch nicht einfach. Ihr Vater wurde nach den Novemberpogromen nach Dachau deportiert, konnte 1939 nach England fliehen und kehrte später nur ein einziges Mal zurück. „Ich versuche“, sagte Bryk gegenüber der Wiener Tageszeitung „Die Presse“, „für uns beide zu heilen. Hier Informationen zu sammeln und die Aufarbeitung Österreichs anzuerkennen.“ Der Finanzberater Joel Hochberg (63) war aus Australien angereist, um sich in Wien auf Suche nach Spuren seiner Familie zu begeben. Unter anderem fand er sie auf einem „Stein der Erinnerung“ im vierten Bezirk, der an seine im Holocaust ermordeten Großeltern erinnert.
Bei ihrem umfassenden Aufenthaltsprogramm besuchte die Gruppe nicht nur Sehenswürdigkeiten, zentrale Orte jüdischen Lebens in Wien sowie wichtige Gedenkstätten wie die Shoah-Namensmauer im Wiener Ostarrichi-Park. Einige der Besucher:innen nützen die Gelegenheit, um im Archiv der IKG biografische Recherchen anzustellen.
Der Aufenthalt der Gruppe wurde vom Bundeskanzleramt gefördert.